"Zu den drei Säulen" i.O. Dessau


 

Am 07. Juli 1912 wurde in unsere Freimaurerloge erstmals das Licht eingebracht. Somit begingen wir im Jahr 2002 das 90-jährige Bestehen dieser brüderlichen Gemeinschaft. Hier soll auf diesem Wege eine Würdigung erfolgen, um die Entwicklung unserer Loge innerhalb der Geschichte von Dessau im Lande Anhalt und deren Freimaurerei ins Gedächtnis zu rufen.

 

Die erste Loge in Dessau gab sich den Namen „Esiko zum aufgehenden Licht“, der an den Stammvater des askanischen Herrscherhauses erinnern sollte. Am 29. September 1875 erfolgte durch die in den preußischen Staaten existierende Große National-Mutterloge "Zu den 3 Weltkugeln“ die Einwilligung, die neugegründete Bauhütte in ihrem Tochterkreis aufzunehmen. Dieser für die Freimaurerei relativ späte Zeitpunkt war der Tatsache geschuldet, dass der bis 1871 regierende Herzog Leopold Friedrich zu Anhalt-Dessau ein strikter Gegner der Freimaurerei war. Dagegen gab es in anderen Teilen Anhalts, die erst ab 1863 diesem Regenten im vereinigten Herzogtum Anhalt unterstanden, bereits offiziell eingeführte Freimaurerlogen. So in Anhalt-Zerbst seit 1783 die Loge „Friedrich zur Beständigkeit“ und in Anhalt-Bernburg seit 1818 die Loge „Alexius zur Beständigkeit“.

 

Freimaurerische Aktivitäten in Dessau sind aber bereits ab dem Jahr 1821 nachweisbar, die auf hiesige Freimaurer zurückgehen, die den auswärtigen Logen angehörten.

 

Die Loge „Esiko zum aufgehenden Licht“ wurde in den folgenden Jahren zu einem Sammelbecken vieler lokaler Persönlichkeiten, die einen Querschnitt durch die Dessauer Oberschicht zur Zeit der vorletzten Jahrhundertwende darstellten. Wenn wir heute die Zeit um 1900 aus freimaurerischer Sicht betrachten, ist festzustellen, dass sie in Deutschland zu den produktivsten und fruchtbarsten der freimaurerischen Geschichte gehört. Die Freimaurerei befand sich auf diesem Höhepunkt durch die besondere gesellschaftliche Position, dass es eine Ehre war, diesen Bruderbund anzugehören. So gab es nicht nur in jedem größeren Ort mindestens eine reguläre Bauhütte mit oft einigen hundert Mitgliedern, sondern auch Logenverbindungen, die sich ebenfalls in Großlogen organisierten, jedoch von der traditionellen Freimaurerei nicht anerkannt waren und deshalb als Winkellogen bezeichnet wurden. Eine dieser Gründungen jener Zeit war die des Darmstädters Hemfler, der am 12. Juni 1896 in Berlin die „Allgemeine Brüder-Loge“ (A.B.L.) gründete. Bereits ein Jahr darauf wurde der Sitz nach Leipzig verlegt und danach wechselte mehrfach der Name. Ab dem Jahr 1900 „Matthäi-Logen-Bund“ dann von 1903 bis 1905 jeweils jährlich von „Große Freimaurerloge von Deutschland“ bis zur „Symbolischen Großloge des Schottischen Ritus in Deutschland“.

 

Eingebunden in diese Situation waren auch Dessauer Freimaurer, die sich am 08. Februar 1901 in der Loge „Matthäus zur sprossenden Eiche“ zusammenschlossen, die ab 1903 den Namen „Ascania zur sprossenden Eiche“ annahm und Mitglied der „Symbolischen Großloge des Schottischen Ritus in Deutschland“ war. 1907 bestand diese Bruderschaft aus 19 Mitgliedern, die ihr Logenheim im Haus des Landschaftsmalers Friedrich Scheil, in der Ballenstedterstraße 24 hatten, der gleichzeitig Schriftführer und Schatzmeister dieser Loge war. Als sich im Jahre 1911 diese Großloge auflöste, entschlossen sich die Brüder, sowie die meisten der noch unter diesem Dach existierenden Logen, sich der regulären „Großen Landesloge von Sachsen“ als Mitglied anzuschließen.

 

Das bedeutete dann die Geburtsstunde der Loge „Zu den drei Säulen“ i.Or. Dessau, in der am 07. Juli 1912 die Lichteinbringung als 50. Loge im Bestand der „Großen Landesloge von Sachsen“ stattfand. Die urkundlich festgehaltenen Gründungsmitglieder waren August Barth, Wilhelm Ext, Friedrich Funke, Otto Kunik Hermann Meusel, Wilhelm Leuschner, Karl Ränsch, August Spott, Otto Weiße und Heinrich Zerbster. Unter der Hammerführung des Bruders Hermann Meusel, einem Dessauer Kaufmann, fanden die Versammlungen und Arbeiten zunächst in den Räumen der Loge „Esiko zum aufgehenden Licht“ in der Bismarckstraße 26 statt. Das weist bereits auf ein gutes Verhältnis zwischen beiden Dessauer Logen hin, obwohl sie unterschiedlichen Großlogen angehörten. Und tatsächlich ist aus den Unterlagen ein intensives Miteinander festzustellen, das besonders auch durch jeweilige Ehrenmitgliedschaften in der anderen Loge zum Ausdruck kam.

 

Im Jahre 1919 wird das 1843 vom Dessauer Bauinspektor Alexander Schröter erbaute, und drei Jahre von ihm bewohnte, und später als Offizierskasino dienende Gebäude in der damaligen Leopoldstraße 7 (heute Ferdinand-von-Schill-Straße) durch die Loge „Zu den drei Säulen“ erworben und bis zur Enteignung durch die Nazis im Jahre 1935 als Logenhaus genutzt. Der erste MvSt unserer Loge, Hermann Meusel, ging am 30. Juni 1920 i.d.e.O. ein. Mit hoher Wahrscheinlichkeit trat dann der Bruder Friedrich Lehrmann, der 1914 in dieser Loge Aufnahme fand, die Nachfolge in diesem Amt bis zum Erlöschen des Lichtes im Jahre 1935 an, da in allen vorliegenden Mitgliederverzeichnissen von 1924/25 bis 1932/33 er immer als Meister vom Stuhl aufgeführt ist. Der am 13. Februar 1869 geborene Bruder Lehrmann wohnte in der Steinstraße 63 und war beruflich als Inspektor der Magdeburgischen Land-Feuer-Sozietät tätig. Es dürfte auch ein wesentliches Verdienst dieses Mannes gewesen sein, dass diese Freimaurerloge eine bemerkenswerte Entwicklung genommen hat und neben der zuerst gegründeten und privilegierteren Loge „Esiko zum aufgehenden Licht“ einen nicht unbedeutenden gesellschaftlichen Stellenwert in der Hauptstadt des Landes Anhalt einnahm.

 

Nach der politischen Wende wurde am 17. April 1994 mit mehr als 100 besuchenden Brüdern aus den verschiedensten Orienten Deutschlands im Kornhaus Dessau durch Bruder Klaus Horneffer, zug. Großmeister der Grossloge der Alten Freien und Angenommenen Maurer von Deutschland und Wiedergründungsmitglied der Dessauer Freimaurer-Bruderschaft, in die Loge „Zu den drei Säulen“ erneut das Licht eingebracht. Die erste Hammerführung wurde Bruder Helmut Schlund aus Bremen übertragen. Aktive Freimaurer aus dieser Stadt sowie auch aus anderen westdeutschen Städten ermöglichten in den folgenden Jahren mit viel persönlichem Einsatz eine freimaurerische Tätigkeit in Dessau.

 

Am 14. September 1997 konnte nach Rückübertragung des Logenhauses und dessen Umbau der neueingerichtete Tempel in der traditionellen Heimstätte dieser Loge eingeweiht werden. Im April 1998 erfolgte die öffentliche Präsentation unseres Logenhauses, indem dieses Haus eine Woche allen Bürgern zum Besuch einer Ausstellung sowie von Vorträgen offen stand. Die Loge „Esiko zum aufgehenden Licht“ ist von der Großloge „Zu den 3 Weltkugeln“ bisher nicht wieder eingesetzt worden. Damit wird gegenwärtig die Freimaurerei in Dessau allein durch die Loge „Zu den drei Säulen“ repräsentiert, die im Maurerjahr 2002/03 aus insgesamt 40 Brüdern, davon 22 Erstmitgliedern (18 aus dem Raum Dessau), besteht.

 




Chronik des Logenhauses



1720  

 

Fürst Leopold schenkt dem Zimmermeister Georg Sandner das Grundstück in der früheren Akenschen Straße am Stadtrand von Dessau. 

1751  

 

Bauaufseher Johann-Christian Janke kauft den unbebauten Grund und Boden. 

1781  

 

Kommerzialrat Leopold Gustav Meyer erwirbt das Grundstück. 

1843  

 

Baujahr des heutigen Logengebäudes in der damaligen Leopoldstraße. Bauherr und Architekt war der Bauinspektor Alexander Schröter. 

1846  

 

Das Haus geht nacheinander in den Besitz der Familien Schmidt, Hertling und Arnheim über. 

1897  

 

Herzog Friedrich von Anhalt kauft das Grundstück und übergibt das Gebäude zur Nutzung als Regimentshaus, d.h. als Offizierskasino. 

1919  

 

Das Grundstück wird von der Dessauer Freimaurerloge "Zu den

drei Säulen" erworben und als Logenhaus genutzt. 

1935  

 

Der Besitz der Freimaurerloge wird durch das Naziregime

enteignet und von der Stadt übernommen. Alle freimaurerischen Aktivitäten werden verboten. Das Haus wird Versammlungsort

der Hitlerjugend. 

1946  

 

Das Gebäude in der jetzigen Ferdinand-von-Schill-Straße 7 wird durch verschiedene städtische Verwaltungsstellen und die Landesbücherei genutzt. 

1949  

 

Das Haus wird zum Sitz des Volksbildungsamtes (später Abteilung Volksbildung) der Stadt Dessau. 

1954  

 

Die Städtische Puppenspielbühne richtet ihre Spielstätte im früheren Freimaurer-Logentempel im 1. Stock des Gebäudes ein. 

1991  

 

Übernahme des Hauses durch das Land Sachsen-Anhalt; Sitz von Verwaltungsstellen des Regierungspräsidiums Dessau. 

1994  

 

Rückübertragung des Eigentums an die Freimaurerloge "Zu den

drei Säulen". Umbau zur erneuten Nutzung als Logenhaus und für

ein Puppentheater und ein Ingenieurbüro.